Fenster in die Vergangenheit
Lokalhistoriker Volker Hess erläutert Sanierungsmaßnahmen an der Oberburg und gibt Einblicke in die bisherigen Arbeiten.

Eine Gruppe von Personen betrachtet eine offene Grabungsstelle

Staufenberg (Volker Heller). »Mit einem Keller rechne ich nicht«, verrät Volker Hess. Der Lokalhistoriker berichtete am Samstagmorgen über die archäologische Prospektion am Fuße des Treppenturms. Mit den alten Burgen ist es so eine Sache. Ohne Sagen und Mythen wären sie nur halb so spannend. Ein Schlossgespenst muss her. Bezüglich der Oberburg von Staufenberg, nurmehr Mauerreste, fände das Gespenst gar keine Unterkunft.

Ersatzweise gibt es die Legende eines unter dem ehemaligen Hauptgebäude verborgenen Kellers. Im Falle seines Vorhandenseins wäre es interessant was man dort fände - vielleicht Weinflaschen. Um diesen Keller zu finden, gab es Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine Laiengrabung an der besagten Stelle. Gefunden wurde rein gar nichts. Es verblieb aber eine größere Mulde im Boden.

Baugeschichtliche Geheimnisse

Darüber wurden zunächst Holzbohlen verlegt, es folgte ein Metallrost schließlich eine Betonplatte. Der Beton freilich sah potthässlich aus, verunstaltete das Baudenkmal, wurde letztendlich bröselig und zu einer Gefahrenstelle. Volker Hess, Schriftführer der Heimatvereinigung Staufenberg, die das Gelände der Oberburg umsorgt: »Wir haben vor drei Jahren beschlossen, die Mulde zu sanieren«.

Dies mit dem Hintergrund, im Sinne archäologischer Neugierde nachzuschauen, ob man der Burg baugeschichtliche Geheimnisse entlocken könnte. Erneut dem Keller nachzuspüren, wäre dagegen keine Option gewesen, da der sich angeblich in sechs Metern Tiefe auf gewachsenem Fels befinden soll. Und wer würde wohl so tief ausschachten. Unmöglich.

Wichtiger als einen verborgenen Keller zu finden, so Hess, sei das Wissen um den in der Tiefe verborgenen Burgfelsen. Deshalb ist eine noch durchzuführende Kernbohrung angepeilt. Immerhin wurde die im 12. Jahrhundert zur Zeit der Salier (10. bis 12. Jahrhundert) errichtete Burg im Jahr 1233 erstmals urkundlich unter dem Begriff »Stouphenberch« (Felsenberg) erwähnt.

1273 tobte ein Krieg zwischen der Landgrafschaft Hessen und dem Erzbistum Mainz. Die Burg wurde zerstört, erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wieder aufgebaut. Mit dem Ende des 30-jährigen Krieges kam 1647 für die Höhenburg das endgültige Aus. Ein Brand ließ nur wenig übrig, etwa Steine, die im Laufe der Zeit in der Umgebung dem privaten Hausbau dienten. Die Grabungsstelle hat nun in der Mulde unterschiedliche Mauerstrukturen und Keramikfunde ans Tageslicht befördert.

Wohnturm

Die Wahrscheinlichkeit, es könnte sich um den Wohnturm der Ursprungsburg handeln, hält Hess für gegeben. Er sieht auch Parallelen zum Gisonenfelsen in Marburg. Dort hatte man ebenfalls gegraben, wollte die Vermutung bestätigt haben, dass die einstige Burg (heute Landgrafenschloss) auf dem gewachsenen Fels (Gisonenfelsen) errichtet worden sei. Den erhofften Felsen beförderte diese Grabung, wie heuer in Staufenberg, nicht zutage. Wohl aber zwei Türme mit einer Ringmauer.

Beim Entfernen der bröseligen Betonplatte ging die Fachfirma Steinmetz Röhling aus Nidda behutsam vor. Steinmetzmeister Martin Röhling, Obermeister der Steinmetzinnung Oberhessen, hatte im Herbst 2022 bereits eine Sofortmaßnahme erledigt. Er legte einen Sturz aus Sandstein über die südliche Eingangstreppe zum Palas. Steine drohten hier auszubrechen. Das alles unter den wachsamen Augen des Landesamts für Denkmalpflege Hessen. Hess: »Das Interesse war geweckt. Man wollte jetzt genauer nachschauen.« Zum Vorschein kamen verschiedene, aber in unterschiedlicher Qualität ausgeführte Mauerschichten. Die älteste Schicht, Steine gleichen Formats und ordentlich nebeneinander gesetzt, könnte der Wohnturm aus der Salierzeit sein. Ein typisches Element einer Burg dieser Zeit. Bürgermeister Peter Gefeller dankte Volker Hess und der Heimatvereinigung für ihren Einsatz zur Erhaltung der Burg. Die aktuelle Sanierung, die Stützmauer gegenüber dem Burgmannenhaus und die 23 Meter lange Einfriedungsmauer vom Torbogen hangabwärts, sei fast abgeschlossen. Im laufenden Jahr werde die große Wand zum Burghof (Palas) abgesichert (mit Netz gegen lockeres Material). Fördergeld für die Sanierung stelle das Land Hessen 2025 nicht bereit - voraussichtlich erst wieder 2026. Nach und nach würden alle Mauern der Burgruine saniert. Eine Mammutaufgabe.

Wir danken für die Möglichkeit der Zweitveröffentlichung des Originalbeitrags:
Gießener Anzeiger, 07.07.2025 bzw. Gießener Allgemeine, 09.07.2025

(vh/10.07.2025)